Es ist 8:45 Uhr am 14. 10.2016, der Staatsminister im Auswärtigen Amt Michael Roth trifft pünktlich in der Valentin-Traudt-Schule in Großalmerode ein und bringt sein Team mit. Die Aufregung bei den 35 teilnehmenden Schülern, dem Büchereiteam und den beiden Klassenlehrerinnen der G10D und G10C ist groß. Schließlich kommt ein solch bedeutender Politiker nicht jeden Tag in die Schule. Gleich startet eine schulische Twitter-Talkshow unter der Leitung von Isabell Wollenhaupt und Annika Fischer, beide Schülerinnen der Klasse 10C, in der sie den Politiker zu verschiedenen Bereichen seines Lebens befragen wollen.
Entstanden ist die Einladung aus einer an ihn im Juni 2016 gerichteten Email, in der die beiden Moderatorinnen um einen Nachholtermin des nicht stattgefundenen Gesprächs im Bundestag gebeten hatten. "Laut Programm im Bundestag war da auch ein Gespräch mit Michael Roth geplant und es wurde leider abgesagt", erinnert sich Annika F. Sofort wurde den Schülern ein Ersatztermin angeboten und so konnten sie ihre Fragen doch noch loswerden.
Knapp zwei Schulstunden Zeit nahm sich Michael Roth für die Schüler der Valentin-Traudt-Schule und sprach zu fünf Themenbereichen. Da das private Leben eines Politikers stets Interesse der Jugend weckt, wurden zunächst Fragen zu diesem Bereich gestellt. Souverän erläuterte der 46jährige den schwierigen und stressvollen Alltag eines Bundespolitikers. Hin und wieder hat er seinen Hund im Gepäck, schlichtet Streit mit seiner Schwiegermutter oder fährt einfach mal mit seinem Ehemann in den Urlaub nach Sylt, in der Hoffnung, diesen nicht schon wieder aus beruflichen Gründen abbrechen zu müssen. Im Fazit übermittelt Roth den Schülern die Botschaft, dass auch Privates zu Politik gehöre und ein Politiker stets offen über sein privates Leben sprechen solle.
Sein Portrait erweiterte der Gast bei der nächsten Fragerunde zum Thema "Politische Karriere". Seine hinterlassene Twitterbotschaft "Meckern ist gut, mitmachen ist besser" bezog er auf den eigenen Lebenslauf. Darin ist die eher einfache Herkunft des Politikers zu erkennen sowie sein großer Wille, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das sozial-politische Engagement sei der Schlüssel zu seinem Amt gewesen. Michael Roth, der ehemals gute Deutsch- und Kunst-, aber auch schlechter Matheschüler, trat in die SPD ein und wurde später Bundestagsabgeordneter. Bildung sei der Bereich, in dem er sehr viel voranbringen würde, auch die Förderung der Schuldigitalisierung gehöre dazu. Mit schülernahen und verständlichen Äußerungen verglich er den Stundenplan eines Schülers mit dem eines Bundestagsabgeordneten und erklärte sein Agieren im Bundestag. Als gewählter Bundestagsabgeordneter des Werra-Meißner-Kreises sprach er auch regionale Themen an, in denen er tätig ist, z.B. den Weiterbau der A44, die Flüchtlingspolitik oder den demografischen Wandel samt entsprechender Förderprogramme. Die schlechte Entwicklung des Werra-Meißner-Kreises kommentierte er für die Schüler mit einem Lob: "Wir sind hier zu Hause viel besser als wir glauben – Optimismus."Die Frage, warum es in Großalmerode nur wenige Flüchtlinge gibt, obwohl genügend Platz in den Schulklassen vorhanden ist, notierte sich der Staatsminister.
Die aktuellen Themen der Politik der Bundesregierung kamen im letzten Teil der Live-Show auf die Tagesordnung. Den Rechtsradikalismus der Ostdeutschen begründete er dem interessierten Schüler Riaan aus der 10D mit drei Ursachen: Staatsverlust der ehemaligen DDR-Bürger nach 1990, mangelnde Veränderungswünsche, Wegzug der Engagierten. Aber dass niemand sich Terroranschläge wie in Brüssel oder Paris als erste Sorge einer Bevölkerung wünscht, egal ob Ost oder West, das sprach der Politiker nicht an.
Fragen wurden beantwortet, Fragen bleiben aber auch offen, weil die Schulstunde endet, Schüler in die Ferien rennen und Michael Roth zum nächsten Termin. Die Valentin-Traudt-Schule dankt ihm für diese beeindruckende Politikeinheit. Seine Twitterbotschaften werden sicherlich demnächst in den Fluren unserer Schule ausgehängt werden.